ELWERTscher
Familienverband e.V.

Christian Friedrich D' Elvert
Politiker, Bürgermeister von Brünn, Publizist, Historiker

11. 4. 1803 – 23. 1. 1896 Brünn

 

Der zukünftige dritte frei gewählte Bürgermeister der Stadt Brünn (vor ihm Anton Haberler in den Jahren 1851 – 1855 und Rudolf von Ott 1855 – 1861) war Sohn eines Lothringers und einer Belgierin. Die Eltern fliehen vor der Französischen Revolution nach Deutschland und siedelten sich später in Brünn an (1797). Vater D´Elvert nutzte seine Sprachkenntnisse, und während des Aufenthalts napoleonischer Truppen in Brünn und Umgebung wirkte er als Dolmetscher und Vermittler. Sohn Christian besuchte das Gymnasium in Brünn, später das Lyzeum in Olomouc. Seine Ausbildung beendete er mit dem Jurastudium in Prag und Wien. 1827 fing er eine Beamtenlaufbahn am mährisch-schlesischen Landesgubernium in Brünn an.

Gleichzeitig engagierte er sich im öffentlichen Leben. Er vertrat die politische Linie der deutschen liberalen Bourgeoisie. 1848 wurde er zum Abgeordneten des (gesprengten) Mährischen Landtages gewählt, ein Jahr später wurde er zur deutschen Nationalversammlung in Frankfurt entsandt. Ab 1850 war er Mitglied des Gemeindeausschusses der Landeshauptstadt Brünn. In demselben Jahr wurde er zum Oberfinanzrat an der mährisch-schlesischen Landesfinanzdirektion ernannt. Er stand bei Entstehung modern aufgefasster Reformen der Landeszoll-, -finanz- und -handelsverwaltung. 1859 wurde ihm der Ritterkreuz des Franz-Josef-Ordens verliehen, vier Jahre später dann das Ritterkreuz der Eisernen Krone, und zugleich wurde er in den Ritterstand erhoben. Zwischen den Jahren 1871 – 1882 war er Abgeordneter des österreichischen Land- und Reichstages.

Zum Brünner Bürgermeister wurde Christian D´Elvert zum ersten Mal 1861 gewählt und übte das Amt drei Jahre lang aus. Zum zweiten Mal wurde an die Spitze der Stadt für den Zeitraum l870 – 1876 gestellt. Obwohl er als überzeugter Anhänger und Vertreter der deutschen liberalen Partei nach dem deutschen Charakter der Stadt zielstrebig trachtete, war seine Wirkung im Bürgermeisteramt sehr fortschrittlich. Er machte sich um Bearbeitung eines Regulierplanes der Stadt, um Bau und Sanierungen von Straßen, vor allem der vernachlässigten städtischen Pflasterung, vom Wasser- und Abwasserleitungsnetz, der öffentlichen Beleuchtung, um Bau von Schulen und Waisenhäusern sowie um Errichtung der ersten Pferdebahn in Brünn verdient. Eine besondere Aufmerksamkeit widmete er den städtischen Grünanlagen. Brünn verdankt ihm die parkartige Gestaltung von Kraví hora, aber vor allem die Gründung des Parks auf dem Spielberg. Den Antrag auf die Errichtung der Parkanlage legte D´Elvert gleich am ersten Tag nach seinem Eintritt in das Bürgermeisteramt im Juni l861 vor. Eine großzügige parkartige Herrichtung der kahlen Spielberg-Hänge begann noch im Oktober dieses Jahres. Sie wurde unter großem Interesse und Unterstützung der Öffentlichkeit, die laufend über den Verlauf der Arbeiten informiert wurde, nach zwanzig Monaten fertiggestellt (der Plan rechnete mit drei Jahren und mit Kosten von 6 000 Österreichischen Gulden). Heute ist der Park gemeinsam mit der Burg ein Nationales Kulturdenkmal.

Die lebenslange Liebe von Christian D´Elvert war die Geschichte und literarische Schaffung. Er publizierte im Brünner Wochenblatt (1824 – 1827), im Jahre 1828 schrieb er sein erstes Buch „Versuch einer Geschichte Brünns“. Es folgte eine Reihe von zwei Dutzenden überwiegend historischen Schriften (Genealogie vorderer mährischer Adelsgeschlechte, Theater- und Musikgeschichte in Mähren und Schlesien, Kulturgeschichte Mährens und Schlesiens sowie weitere Bereiche), die vor allem durch das gesammelte und bearbeitete Material wertvoll sind. D´Elvert war auch Redakteur der „Schriften“ der historischen Sektion der K. und k. mährisch-schlesischen Wirtschaftsgesellschaft. Er machte sich um Gründung des Mährischen Kunstvereins (1882) verdient.

D´Elvert verließ das Bürgermeisteramt unter dem Druck der Opposition (Bürgerverein) im Alter von 73 Jahren. An seine Verdienste um die Entwicklung der Stadt erinnerte eine große Gedenktafel (Entwurf vom Architekten Alois Prastorfer und Bildhauer Eduard Sykora, realisiert 1884) unweit vom Aussichtsgloriette im Park unter dem Spielberg. Nach dem Jahre 1918 wurde das Denkmal entfernt.

 

 

Text von Dr. Erich Pillwein 3/2003. Veröffentlicht in der Chronik 15 3/2003.

 

IN MEMORIAM

Christian Ritter d`Elvert vor 200 Jahren geboren

Christian d`Elvert war einer der neun deutschen Bürgermeister Brünns zwischen 1851 und 1918, also in der Habsburger Monarchie. Er stammte aus dem Geschlecht der Elwert, dessen gesicherte Genealogie bis 1621  zurückgeht, und gehörte zum elsässischen Zweig. Sein Vater, Johann Heinrich Friedrich d`Elvert musste als Capitaine in der Emigrantenarmee des Prinzen Conde Frankreich verlassen, er kam im Juni 1797 nach Brünn. Sein ältester Sohn Christian wurde am 11.April 1803 in Brünn geboren, studierte in Prag und in Wien die Jurisprudenz und wurde bereits mit 24 Jahren am mährisch-schlesischen Gubernium in den Staatsdienst übernommen. Damit begann eine Verwaltungskarriere, die später in eine (vorwiegend kommunal-)politische Laufbahn überging. Er war ein äußerst produktiver Mensch. Obwohl er sich durch seinen Arbeitseifer schwere gesundheitliche Schäden zugezogen hatte, bezeugt das Archiv, dass er z.B. im Jahre 1844 dreitausendsechshundert, 1845 viertausendsiebenhundert und 1847 sogar fünftausenddreihundert Geschäftsvorgänge bearbeitete und erledigte. Darüber hinaus nahm er jährlich an 125 Kommissionen teil. Im Mai 1848 wurde  er Mitglied des provisorischen mährischen Landtages und als solcher zum deutschen Reichstag nach Frankfurt/ Main entsandt. Seine schriftstellerische Tätigkeit kam seinem Ideenreichtum, seinen Recherche- Ergebnissen und der Vielfalt seiner Interessen kaum nach.

Zu untersuchen, welcher der erwähnten neun Bürgermeister bedeutender war, als Verwaltungsmann oder als Mensch schlechthin, wäre müßig. Sie alle hatten ihre Verdienste, der eine mehr auf diesem, der andere auf jenem Gebiet. Alle bauten sie Schulen, verbesserten die soziale Fürsorge, ließen Straßen pflastern und beleuchten, kümmerten sich um die Wasserversorgung ebenso wie und die Kanalisation usw.usw. Christian d`Elvert aber gelang es, sich für immer in die Erinnerung und in den Herzen der Brünner zu verewigen, nämlich durch die Bewaldung und die Begrünung des bis dahin kahlen Festungshügels Spielberg. Er schuf damit ein Naherholungsgebiet und mitten in der Stadt eine „grüne Lunge“. Sagen wir genauer, es wäre ihm gelungen, sich zu verewigen, hätte nicht der slawische Bildersturm des Jahres 1945 mit Erfolg alle deutschen Erinnerungen ausgelöscht. Doch das Pendel der Geschichte schlägt einmal hin, aber einmal auch wieder zurück. So wird der Tag kommen, wo auch bei der tschechischen Bevölkerung Brünns die Einsicht Platz greifen wird, dass nicht alles, was ihnen heute dient, nur von ihren Leuten geschaffen wurde.
1848 errichtete man d`Elvert auf dem Spielberg ein prächtiges Denkmal. Die Umrandung ist noch vorhanden, die Büste fiel 1945 den Bilderstürmern zum Opfer. – Bereits 1886 war d`Elvert zum Ehrenbürger der Stadt ernannt worden, „in Anerkennung der rühmlichen Verdienste um die Landeshauptstadt“ und als Schriftsteller um die Geschichte Mährens und insbesondere Brünns. Von historisch besonderer Bedeutung ist sein Werk „Neu- Brünn, wie es entstanden und sich gebildet hat“.

Zu seinem 90. Geburtstag, ein für die damalige Zeit bemerkenswertes Alter, erschien eine umfassende Denkschrift nebst Anhang, in dem die zahlreichen Gruß -und Glückwunschadressen festgehalten sind.

An anderer Stelle wird erwähnt, dass d`Elvert über tausend Artikel und über 40 Bücher hinterließ.
„Seine Arbeiten“, so liest man weiter, „werden noch für spätere Generationen eine unerschöpfliche Fundgrube bilden“. Christian d`Elvert war eben auch ein Historiker von Format. –Die Nachforschungen nach seinem Grab beantwortet die Brünner Friedhofsverwaltung, sehr kooperativ vor wenigen Wochen, am 14. Januar 2003. Danach wurde d`Elvert in einem Ehrengrab in der Sektion25 E, Grab Nr. 6, beerdigt. Dieses Grab wurde 1918 zerstört, das Grabdenkmal (hroboye`zalizeni) unbekannt wohin, entfernt. Es gäbe keinen Vermerk, dass die sterblichen Überreste exhumiert worden wären, und man vermutet, dass später die Urne eines anderen Ehrenbürgers dort beigesetzt wurde.

Das Brünner Deutschtum, auch wenn es nur mehr geschichtlich existiert und in der Jetztzeit erst mühsam versucht, wieder zu entstehen, kann stolz auf sein auf diesen bedeutenden, in Brünn geborenen Mitbürger.

Dr. Erich Pillwein

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